Deutsch Intern
  • Foto: Rudi Merkl
Lehrstuhl für deutsche Philologie, Ältere Abteilung

Wehner, Maximilian

Maximilian Wehner

Institut für deutsche Philologie
Lehrstuhl für deutsche Philologie, Ältere Abteilung
Am Hubland
97074 Würzburg
Room: 4 E 3

Sprechstunde: nach Vereinbarung per E-Mail

 

Wissenschaftlicher Werdegang

seit 04/2021 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für deutsche Philologie, Universität Würzburg

10/2020–06/2021 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Philologie und Digitalität, Universität Würzburg

09/2020–03/2021 Vertretung der Assistentur des Lehrstuhls für deutsche Philologie,  Universität Würzburg

04/2019–08/2020 Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für deutsche Philologie, Universität Würzburg

03/2019–09/2020 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz und Wissenssysteme, Universität Würzburg

03/2016–02/2019 Studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Französische und Italienische Literaturwissenschaft sowie am Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz und Wissenssysteme, Universität Würzburg

10/2012–02/2019 Studium des Lehramts an Gymnasien (Germanistik, Geographie, Erziehungswissenschaften), Universität Würzburg (1. Staatsexamen)

 

Mitgliedschaften

Arbeitskreis für Philologie und Digitalität; DHd Arbeitsgruppe OCR; Oswald von Wolkenstein-Gesellschaft; Redaktionsmitglied von Mediaevum.de

 

 

DissertationsprojektNarragonischer Raum. Studien zu Sebastian Brants 'Narrenschiff', ausgewählten Bearbeitungen und einem belehrenden Programm der Räumlichkeit

Betreuung: Prof. Dr. Joachim Hamm (Würzburg), Prof. Dr. Thomas Baier (Würzburg), Prof. Dr. Brigitte Burrichter (Würzburg)

Sebastian Brants Narrenschiff (Basel 1494) kritisiert als satirisch belehrendes Werk des späten Mittelalters die menschliche Narrheit als fehlgeleitetes und allein diesseitig orientiertes Alltagshandeln der Zeitgenossen. Im Mittelpunkt der Dichtung steht die Warnung vor einem Leben, das von Eitelkeiten, der Begierde nach vergänglichen Gütern und Eigennutz bestimmt wird und die Gesellschaft so in das Narrenland Narragonien führt. In 112 Kapiteln fordert Brant seine Leser daher auf, sich von der Torheit, die jedem Einzelnen anhaftet, zu befreien und stattdessen den mühsamen, aber erlösenden Weg der Tugend, wahren Erkenntnis und Weisheit (sapientia) zu beschreiten, der zum stad der wißheyt führt. Zu einer entsprechenden Richtungs- und Willensentscheidung sieht Brant den Einzelnen vor dem Horizont der europäischen Geistesströmung des Renaissance-Humanismus, seines Welt- und Menschenbilds, das sich in seinem literarischen Werk vielfach niederschlägt, sowie eines gelehrten Dichtungsverständnisses grundsätzlich befähigt.

Von zentraler Bedeutung für seine Belehrung sind für Brant die wissensvermittelnden Figurenexempel, die er den Narrendarstellungen in den einzelnen Kapiteln des Narrenschiffs zur Seite stellt. Durch sie betont er die Notwendigkeit, sich mithilfe der Vernunft, einer dem Menschen möglichen Einsicht und Urteilskraft, des tugendhaften Verhaltens und der Gemeinschaftsorientierung für den Erhalt bzw. die Schaffung einer stabilen Gesellschaftsordnung einzusetzen. Ein ebenso zentraler Wegweiser zu einer solchen Ordnung ist darüber hinaus die literarische Räumlichkeit des Werks, die häufig mit den Figurenexempeln verbunden ist. Auch sie ist als exemplarisch-referenzielle Vermittlungsstruktur konstruiert und verweist als eine entsprechende Tiefenschicht der Narrendichtung in Text und Bild auf einen orientierungsvermittelnden Thesaurus des abendländischen Wissens um 1500. In der Vorstellung einer Lebens- und Erkenntnisreise des Einzelnen führt die Lektüre des Narrenschiffs den Leser damit aus dem närrischen Dunkel der Unwissenheit in Richtung eines erleuchteten und tugendhaften Lebens. Die einzelnen Raumnennungen der Kapitel dienen dabei als wichtige Zwischenstationen der Erkenntnis und bilden in ihrer Gesamtheit, ihren referenzierten Belehrungs- und vermittelten Bewältigungspotenzialen der sich außerliterarisch offenbar immer mehr zum Schlechteren verkehrenden Welt einen das Narrenschiff gänzlich umfassenden narragonischen Raum, d. h. eine die gesamte Dichtung einnehmende literarische Räumlichkeit, die positiv normierend in die gelebte gesellschaftliche Wirklichkeit ihrer Zeit hinauszuwirken und zu deren Verbesserung beizutragen versucht. Hierzu schöpft der poeta doctus Brant aus einer Vielzahl ideen-, motivge schichtlicher und literarischer Traditionen und knüpft an Überlegungen der römischen Stoa, der spätantiken Kirchenväter, des zeitgenössischen Renaissance-Humanismus sowie der Frömmigkeitstheologie am Oberrhein an. Im Kern zielt seine literarische Darstellung dabei auf die handlungsinitiierende Konstruktion eines neuen Weltverhältnisses des Menschen, das diesen in der Überwindung zeitgenössisch wahrgenommener individueller und gesellschaftlicher Missstände den ethisch richtigen Lebensweg einschlagen lässt.

Die verschiedenen Bearbeitungen des Narrenschiffs, die bereits kurz nach dessen erstem Erscheinen entstehen, greifen Brants raumliterarische Konstruktionen auf. Zugleich transformieren das Narrenschyp (Lübeck 1497), Jakob Lochers Stultifera navis (Basel 1497), Jakob Cammerlanders Kleines Narrenschiff (Straßburg 1540) sowie Nikolaus Hönigers Welt Spiegel (Basel 1574) die literarische Räumlichkeit von Brants Narrendichtung, um die literarische Fahrt ihrer Narren wie die ihrer Leser an veränderte Vermittlungsanforderungen der jeweiligen Ausgaben, an ein anderes intendiertes Lesepublikum, an gewandelte gesellschaftliche, etwa theologisch und politisch im Umbruch befindliche Rezeptions- und Wirkungskontexte und damit notwendigerweise veränderte Belehrungs- und Bewältigungspotenziale der Narrendichtung anzupassen. Dabei verliert die literarische Räumlichkeit im Hinblick auf die umfassenden Belehrungs- und Vermittlungsabsichten der Werke jedoch nie an Bedeutung. Schließlich lassen die Transformationen des narragonischen Raums Brants die literarische Räumlichkeit seines Narrenschiffs immer wieder in neuem Licht erscheinen und nuancieren damit dessen humanistisch-gelehrte und (frömmigkeits-)theologisch-erbauliche Gebrauchs- und Verständniszusammenhänge. Ex post nehmen sie somit Einfluss auf das Verständnis ihrer Referenzsphäre und verdeutlichen, dass sich deren Darstellungs- und Wirkungsziele gänzlich erst mithilfe einer überlieferungsgeschichtlichen Betrachtung erschließen.

 

Publikationen

 

Vorträge (Auswahl)

  •   „Transformationen des narragonischen Raums. Zur Übersetzung der Raumstrukturen des Narrenschiffs Sebastian Brants (1494) im Narrenschyp (1497), in Jakob Lochers Stultifera navis (1497) und in Nikolaus Hönigers Welt Spiegel (1574)“, 4. Jahreskonferenz des SPP 2130 „Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit“, Göttingen, September 2022.

  •   „Crossing Geographical and Linguistic Borders: Sebastian Brant's Narrenschiff and Its Nuremberg Edition by Peter Wagner, 1494“, International Medieval Congress, Leeds, Juli 2022.

  • (mit Lysander Büchli) „Raumkonzepte und Raumvorstellungen im Narrenschiff“, Mediävistisch-germanistisches Oberseminar der Universität Bayreuth, Mai und Juni 2022.

  •  „Welten im Spiegel. Literarischer Raum in den Narrenschiffen des 15. und 16. Jahrhundert“, MFN Graduiertentag, Würzburg, Juli 2021.

  • OCR und HTR: Grundlegende Methodik und geisteswissenschaftliche Anwendungspotenziale“, Mediävistisch-germanistisches Oberseminar, Würzburg, Juli 2020.

  • OCR4all – Eine Texterkennungssoftware für historische Drucke“, Jahrestagung des Arbeitskreises Provenienzforschung e. V., Düsseldorf, November 2019.

 

 

Lehrveranstaltungen

Wintersemester 2024/25: Heinrich von Veldeke: Eneasroman (Übung; 2 SWS);

Sommersemester 2024: Hartmann von Aue: Iwein (Übung; 2 SWS);

Wintersemester 2023/24: Der Stricker: Der Pfaffe Amis (Übung; 1 SWS);

Sommersemester 2023: Pfaffe Konrad: Rolandslied (Übung; 1 SWS);

Wintersemester 2022/23: Herzog Ernst (Übung; 1 SWS);

Sommersemester 2022: Sebastian Brants Narrenschiff und seine Flugschriften der 1490er Jahre (Proseminar; 3 SWS);

Wintersemester 2021/22: Raum in der Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit (Master-Forschungsseminar; 2 SWS) und Heinrich von Veldeke: Eneasroman (Übung; 1 SWS);

Sommersemester 2021: Basismodul Digitalisierung (Proseminar; 2 SWS) und Pfaffe Lambrecht: Alexanderroman (Übung; 1 SWS);

Wintersemester 2020/21: Nibelungenlied (Übung; 1 SWS);

Sommersemester 2020: Basismodul Digitalisierung (Proseminar; 2 SWS);

Wintersemester 2019/20: Einführung in die Informatik für Hörer aller Fakultäten (Grundlagenvorlesung; 2 SWS);

Sommersemester 2019–Wintersemester 2023/24, jeweils im Wechsel: Hartmann von Aue: Iwein und Erec (Übung; 1 SWS).