Högner
Laura Högner
Dissertationsthema: Kritische Darstellungen weißer Männlichkeit in Schwarzer deutscher Gegenwartsliteratur
Abstract
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Obwohl Schwarze Literatur in Deutschland auf eine lange Schreibtradition zurückblickt - der Philosoph Anton Wilhelm Amo publiziert bereits im 18. Jahrhundert und gilt als erster Schwarzer deutschsprachiger Autor -, erfährt Schwarze deutsche Literatur bis heute eher geringe Resonanz. Erst in den letzten Jahren ist sie stärker in die Mitte der öffentlichen Wahrnehmung gerückt. Prominente Beispiele sind unter anderem Sharon Dodua Otoo, der 2016 der Ingeborg-Bachmann-Preis verliehen wird, Jackie Thomae, die 2019 mit ihrem Roman Brüder in die Shortlist des Deutschen Buchpreises aufgenommen wird, und Olivia Wenzel mit einer Nominierung für den Ingeborg-Bachmann-Literaturpreis 2024. Durch ihr Schreiben und ihr literarisches Engagement nehmen Schwarze Autor*innen Raum im weiß und männlich geprägten Literaturmarkt ein und stellen sich so der dort herrschenden weißen männlichen Hegemonie entgegen.
In der Arbeit werden Texte der Gegenwartsliteratur von Autorinnen, die sich selbst als Schwarz und weiblich positionieren, auf die Darstellung des weißen männlichen Blicks hin untersucht. Mit welchen Schreibstrategien werden der male gaze und der white gaze in den Texten aufgezeigt? Wie wird das vermeintlich Andere durch den white gaze konstruiert, wie wird es durch ihn wahrgenommen? Wie manifestiert sich der weiße und männliche Blick in verschiedenen Lebensbereichen wie Bildung, Wohnungs- und Arbeitssuche, aber auch innerhalb von Freundschaften und Familien? Des Weiteren stellt sich die Frage nach Momenten des Widerstands in Schwarzer deutscher Literatur: Indem die Protagonist*innen den white gaze und male gaze erwidern und zurückwerfen, unterlaufen sie die gewohnten Denk- und Handlungsmuster sowohl der weißen Figuren als auch der weißen Leseschaft.
Die Literaturanalyse erfolgt durch Close reading, um die literarische Abbildung des male gaze und white gaze eingehend zu untersuchen. Dabei stehen die Diskurse über beide gazes hinsichtlich der Frage im Zentrum, wie sie in den Texten aufgearbeitet werden und wie sich die Texte in eine Schwarze deutsche Literaturtradition einschreiben. Der männliche und weiße Blick wird als Teil einer intersektional diskriminierenden Gesellschaftsstruktur verstanden. Entsprechend werde ich weitere Diskriminierungsebenen in der Textanalyse mitberücksichtigen, um ein umfassendes Bild des hegemonialen Anspruchs zu zeichnen, der in den Texten von weißen patriarchalen Dominanzgesellschaften erhoben wird. Darüber hinaus ergründe ich, auf welche Art und Weise die Autorinnen literarisches Engagement als Schwarze Frauen neu definieren - innerhalb der Romane ebenso wie im Rahmen ihrer medialen Selbstinszenierung.
CV
Laura Högner studierte von 2014 bis 2021 Germanistik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Ihren Master erlangte sie mit einer Arbeit zum Thema „Emotionen in Prosatexten. Eine exemplarische Analyse der Emotionsdarstellung des Figureninventars in Christian Krachts Imperium.“ Seit 2023 promoviert sie in Würzburg am Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturgeschichte und beschäftigt sich mit kritischen Darstellungen des male gaze und des white gaze in Schwarzer deutscher Gegenwartsliteratur.