Konzeptorisches Leitbild
Was sehen wir, wenn wir mittelalterliche Spuren betrachten? Unter welchen Umständen wurden sie überliefert? Und in welche Zusammenhänge sind sie heute eingebunden? - Diesen und anderen Fragen gehen wir in den einzelnen Stationen nach. Wie ein roter Faden zieht sich dabei der Rekonstruktionscharakter des Mittelalters durch die Touren: Von Bildgebung über Legendenbildung bis hin zu Kriegszerstörungen und Wiederaufbau beobachten wir Einflüsse zeitgenössischer Ideen. Anhand der Überlieferungsgeschichte können Sprachwandelprozesse, aber auch kulturelle Eigenheiten des jeweiligen Zeitraums aufgezeigt werden. Anregungen zur Reflexion und eigenen Erfahrung werden gegeben, sind aber keine Voraussetzung für eine erfolgreichen Tour. Damit knüpfen wir einerseits an moderne Fachdiskurse der Mediävistik an, und bleiben andererseits nahbar für die Studierenden in ihrem Vorwissen.
Die Immaterialität von Literatur stellt uns dabei vor die Herausforderung, diese mit materiellen Spuren, dh. dem Raum, zu verbinden: Die mittelalterliche Bausubstanz wurde im März 1945 nahezu vollständig zerstört und so finden wir auch heute nur noch wenige Spuren des alten Stadtbildes. Darüber hinaus ist Literatur grundsätzlich schwer an Gebäuden zu verorten. Das erweckt den Anschein, dass für eine sinnvolle Verknüpfung entweder tief in die Hintergründe eingestiegen werden muss, oder recht platte Verbindungen und Assoziationen erstellt werden. Das lösen wir, indem wir den Ort durch die Brille der Literatur selektiv betrachten, zwischen Original- und moderierten Texten wechseln und ebenso rückwärts die Literatur vor dem Hintergrund des Orts betrachten. Darüber reflektieren wir die Historizität und Gegenwart. So verleihen sich Raum und Literatur gegenseitig Illustration, Relevanz und Erklärung.